Von Rolf Beyer
In gesellschaftlichen Umbruchszeiten bricht bei vielen Menschen das Bedürfnis nach Selbstvergewisserung auf. Dann wächst die Bereitschaft, sich auf „mystische“ Erfahrungen einzulassen. Als Vorbild und Leitfigur dafür gilt auch heute Meister Eckhart. Der Dominikaner lebte und wirkte vor 700 Jahren; er lehrte auf Lateinisch, predigte aber auch auf Deutsch, was damals ungewöhnlich und gefährlich war. Er geriet in Konflikt mit den geistlichen Autoritäten und musste sich sogar einem Inquisitionsverfahren unterwerfen. Doch bis zum Ende beharrte er auf seinen Einsichten, die immer wieder großen Einfluss ausübten auf große und kleinere Geister. Heute spielt Meister Eckhart eine bedeutende Rolle im interkulturellen Dialog mit indischer, chinesischer und islamischer Spiritualität. Seine radikalen Fragen und Antworten wirken aber auch anregend auf Menschen, die sich auf ihren ganz persönlichen Weg machen, den „Sinn des Lebens“ zu suchen. Bei Meister Eckhart heißt dieser Sinn „loslassen“. SWR2 02.04.2009